Backpacking in Schottland
Donnerstag, 30.09.1999
Schon halb neun Uhr morgens ging es weiter. War ich froh, daß ich keinen Kater bekomme - egal, wieviel ich trinke. Die anderen klagten über Kopfschmerzen und bekamen kaum die Augen auf. Habe es richtig bedauert, wieder abfahren zu müssen. Die Landschaft hält einen fest, der Ort wirkt beruhigend und fast schlafend. Man kann sich hier richtig erholen. Allerdings gilt das nicht für die Touristensaison. Da quillt der Ort förmlich über, wie mir berichtet wurde.
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Unser gelber Kleinbus war
diesmal relativ voll. Wir hielten nach mehreren Stops (unter anderem auch
am Wasserfall [Den Namen schlage ich bei Gelegenheit mal nach.] ) in
Kyle of Lochalsh direkt vor der Brücke. Von hier aus fahren die Busse zur
Insel hinüber. Es ist ein kleiner Ort an der Meeresenge zur Insel Skye
mit etwa 1650 Einwohnern. Im Sommer herrscht dort geschäftiges Treiben, da
sich hier viele Touristen wegen der flüssigen und billigen Fährverbindungen
nach Skye aufhalten. Abends kann man malerische Sonnenuntergänge mit den Silhouetten
der Fischkutter in der glutrot eingefärbten Sonne bewundern. Skye ist eines
der beliebtesten Hauptziele des Schottland-Tourismus. Die herbe Wildnis mit
den berühmten Wetterumschwüngen läßt sich hier am unmittelbarsten erleben.
Hier gibt es für jeden etwas: optimales Bergwandern in den schroffen, sturmgepeitschten
Cullin Hills, die raue Halbinsel Trotternis mit völlig menschenleerem Landesinnerem,
abgelegene Lochs mit beißfreudigen Forellen und blauschwarze Wolkenbänke als
herrlicher Farbkontrast zur weiten, bräunlichen Heidekraut-Steppe.
Ich wollte zur "Hauptstadt"
der Insel - nach Portree, wo ich mich mit Casey verabredet hatte. Die meisten
hatten sich eine Unterkunft in Kyleakin gesichert. Irgendwie war ich ganz
froh, die ganzen Leute loszuwerden. Sie paßten mit ihrem städtischen Gehabe
("What? There are no clubs around?") nicht so ganz in meine Urlaubsstimmung.
Ich mußte eine Weile auf den Bus warten, konnte jedoch so - ohne nochmals
umzusteigen - durchfahren. Meinen Gutschein für die Überfahrt konnte ich zwar
nicht einlösen, habe ihn aber später Casey geschenkt, die noch einmal nach
Skye gefahren ist. Wir hatten uns in einer Jugendherberge verabredet, die
ein paar Minuten vom Marktplatz, dem Mittelpunkt des Ortes, entfernt lag.
Ich sicherte mir einen Platz und ging auf Besichtigungstour.
Als ich zurückkam,
erwartete mich eine Nachricht von Casey. Sie war schon angekommen, übernachtete
aber im "Portree Independent Hostel". Mitten in der Stadt, nicht mal eine
Minute vom Marktplatz entfernt, ist dieses Hostel wahrscheinlich vorzuziehen.
Wir blieben jedoch jede wo wir waren und Casey kam abends noch mal vorbei,
um mich abzuholen. Gemeinsam zogen wir nun durch alle 8 oder 9 Pubs des Ortes.
War ziemlich amüsant. Casey versuchte, mich vom Wohlgeschmack des Whiskys
zu überzeugen. Das führte dann dazu, daß wir in jedem Pub einen anderen Whisky
probierten und dann meist noch ein halbes Pint Bier bzw. Cider (entspricht
einem knappen halben Liter) tranken. Zugegebenermaßen wurde uns auch einiges
ausgegeben. Der Abend war aber ziemlich amüsant.
Am nächsten Morgen ging
ich nach einem kurzen Frühstück zu Casey. Sie arbeitete noch ihre Übernachtung
ab. Jetzt lernte ich auch die zwei Brüder kennen, die das Hotel führen. Der
Hostelmanager ist Colin F. mit langen roten Locken. Er sieht einem Highlandlord,
wie man ihn sich vorstellt, zum Verwechseln ähnlich. Sein älterer Bruder,
Craig, hat ebenfalls lange Haare. Seine sind jedoch blond und glatt. Er meinte,
daß er Caseys Haare haßt. Ihre sind nämlich sehr viel länger als seine eigenen.
:-) Die beiden Brüder konkurrieren miteinander um die Länge ihres Kopfschmuckes.
Sie übertrafen dabei zwar meine langen Haare, aber nicht mal annähernd
die von Casey, welche ihr bis weit über den Allerwertesten reichten.
Habe mich großartig amüsiert, während ich mit Casey und Craig unterhielt.
Wir schmiedeten ein paar Pläne für die nächsten Tage.
Wir besahen uns andächtig das Schloß und bewunderten gebürtig die sehr schönen Gärten. Außerdem fanden wir ein Schloßfenster (oder war es nur eine Schießscharte?) in der Form des Staates Vermont. Die Herrin des Schlosses - eine alte, aber sehr freundliche und nette Frau - unterhielt sich mit uns. Irgendwie wirkte sie überhaupt nicht aristokratisch. Wahrscheinlich deshalb, weil sie es war. Eigentlich gehört das Schloß jetzt ihrem Sohn, aber sie wohnt das ganze Jahr über hier. Die Gärten und die Landschaft beeindruckten uns so sehr, daß wir uns erst sehr spät auf den Heimweg machten.
Der Rückweg erwies sich
als ziemlich abenteuerlich. Wir hatten über zwanzig Kilometer vor uns und
etwas Pech mit der Uhrzeit. Es gab nämlich keinen Bus mehr zurück, was ja
eigentlich nicht weiter schlimm war. Das Problem war jedoch die sehr ländliche
Gegend. Der Verkehr stirbt gegen Abend - Dinnertime - fast völlig aus. Wir
waren vollständig auf vorbeikommende Autos angewiesen. Es hielt auch jedes
Auto an; nur dauerte es ewig, ehe mal eins vorbeikam. Wir liefen bestimmt
insgesamt um die 5 Kilometer. Davon abgesehen, daß wir schon von weitem anhand
unserer langen, blonden Haare als Frauen identifiziert werden konnten, glaube
ich, daß auch Männer unter diesen Umständen keine Probleme beim Trampen gehabt
hätten. Zumindest nicht sehr viel mehr. Die Einheimischen sind extrem freundlich
und Trampen ist eine völlig normale Art, sich auf der Insel fortzubewegen.
Unterwegs erlebten wir alle
Facetten des berühmt-berüchtigten unbeständigen Skye-Wetters. Hätte nicht
gedacht, daß so etwas möglich ist. Wir hatten innerhalb von nur zwei bis drei
Stunden alles zusammen: strahlende Sonne, Regen, Sturm, Hagel und danach eine
laue, wundervolle klare Nacht. Insgesamt trafen wir auf drei Autos, welche
alle anhielten. Eines davon war ein Bus, und während wir nach der halben Strecke
an einer - glücklicherweise überdachten - Bushaltestelle auf die nächste Fahrmöglichkeit
warteten, fing es an zu hageln. Aber war für Hagel! Die Körner waren riesengroß
und kamen in einem Tempo herunter, das einen Aufprall mehr als nur schmerzhaft
machte. Wir verkrochen uns unter das Dach.
Nach dem schlimmsten Schauer
kam unsere Verbindung. Der sich schon im Feierabend befindliche Busfahrer
hatte uns mitgenommen und dann den Geistlichen des Dorfes gebeten, uns weiterzufahren.
Dieser mußte sowieso noch nach Portree. Ich ließ Casey mit ihm reden und schwieg
eisern. Nach der obligatorischen Frage unseres Zieles lautete seine zweite
Frage nämlich promt: "Geht Ihr auch immer zur Kirche?" Daß wir eventuell nicht
christlich wären, kam ihm gar nicht in den Sinn und er fragte auch nicht danach.
Casey erzählte ihm irgendetwas (zum Glück war sie halbwegs gläubig) und versuchte,
ihn von mir und meinen damals recht geringen Kenntnissen des Christentums
abzulenken. Wir wollten ihn beide nicht verärgern. Irgendwie hatte er etwas
Fanatisches an sich ...
Nach unserer abenteuerlichen,
fast zweistündigen Reise zurück waren wir doch etwas hungrig und stürzten
in die Küche. Und dort sah ich James am Tisch sitzen! Was für eine Überraschung!
Ich stellte Casey und James einander vor und dann warfen wir drei zusammen
mit Craig und Colin unsere Lebensmittel zusammen und kochten ein Mahl für
alle. Es wurde noch sehr lustig, da irgendwelche Gäste eine Gitarre hervorzauberten
und mit Singen anfingen. Hier sah ich zum ersten Mal das "Das
Ding". Jahre später (2002) fand ich das Kultliederbuch durch Zufall
in einem Laden wieder (die erweiterte Ausgabe) und es ziert jetzt mein Bücherregel.
Mein anfängliches Sträuben nützte nichts und schließlich mußte ich Solo singen,
während die anderen den Refrain gemeinsam ablasen ... täuschte dann Durst
vor und entkam ..
Dann fragten uns die beiden Brüder, ob
wir mit zum Tanzen gehen wollten. Wir machten große Augen und sie legten den
Finger vor den Mund. Sie wollten nicht, daß das ganze Hostel davon erfährt.
Wir verabredeten uns in einer Bar und während Craig und Colin noch etwas erledigen
mußten, zogen wir schon eher los. Dort amüsierten wir uns königlich und als
die Jungs dann kamen, gingen wir gegen zehn auf den Marktplatz, wo ein extra
Transportservice jede halbe Stunde die Leute in den Club brachte. Es stellte
sich heraus, daß dieser inmitten von Nirgendwo war.
Wir fuhren etwa dreißig Minuten lang über
eine Straße. Ringsumher befand sich nur Dunkelheit - nicht einmal ein Haus
war zu sehen. Auf einmal entdeckten wir ein Licht. Wir fuhren darauf zu. Es
stellte sich als eine umfunktionierte Turnhalle heraus. Colin bestätigte,
daß es in der Umgebung tatsächlich nichts gab und sich daher keiner über den
Lärm beschweren konnte. Als wir ankamen, war ich ziemlich verblüfft: wer hätte
gedacht, daß es auf dieser kleinen Insel derartig viele Leute in dem Alter
zwischen 18 und 35 geben könne? Es gab sogar Türsteher! Der DJ kam extra aus
Glasgow und die Musik war moderner, als ich hier auf dieser Insel vermutet
hätte.
Irgendein riesiger Kerl, dem ich gerade
bis zur Brust reichte, bat mich ungewohnt galant um einen Tanz. Später dann
hob er mich einfach hoch und tanzte so weiter - als ob ich eine Puppe wäre!
War zwar erheiternd, aber doch ziemlich irritierend. Craig gefiel das Ganze
nicht besonders. Die beiden Brüder paßten während des gesamten Abends sorgfältig
auf uns auf ... Irgendwann verschreckte er den Kerl (da ging er mir schon
auf die Nerven) mit einer Diskussion über Fleisch. Der Riese war nämlich Fleischer
und Craig aus Überzeugung Vegetarier ..... Ich ließ die beiden das allein
ausdiskutieren und ging wieder zurück zur Tanzfläche. In den ganzen Stunden
dort haben wir vielleicht insgesamt eine Stunde pausiert, die zumeist mit
Flüssigkeitsaufnahme gefüllt war.
Hier muß ich noch anmerken, daß die Musik
vielleicht modern war (Techno, HipHop, Pop, ...), aber das ganze Drumherum
nicht. So etwas habe ich lange nicht mehr erlebt: zuerst wird man höflich
gefragt, ob man tanzen möchte, dann tanzt man tatsächlich mit nur einem Partner,
der die Dame dann galant an ihren Platz zurückbegleitet und für den Tanz dankt.
Bei Techno!!
Casey und ich haben uns prächtig amüsiert
und obwohl wir am wenigsten für einen solchen Abend vorbereitet waren (Kleidung,
knöchelhohe Wanderschuhe und mangelnde Kriegsbemalung) waren wir durch unsere
Fremdheit, durch unseren sich unterscheidenden Tanzstil und unseren nichtschottischen
Akzent als Tanzpartner recht beliebt. Mit den Brüdern gemeinsam bildeten wir
später am Abend ein Tanzquartett, wobei die Männer eindeutig darauf achteten,
daß es so schien, als wären wir Paare. Colin und Casey (sie wurden dann ja
auch wirklich ein Paar) und Craig und ich. Auf unsere erstaunte Frage hin
murmelten sie etwas von einfacherer Handhabung ... ??? ...
Schließlich zuckten Casey und ich mit den Schultern - eigentlich war es egal
mit wem wir tanzten. Und es zählte eigentlich nur, daß sie beide sich gut
bewegen konnten und auch nicht aufdringlich waren. Wir fühlten uns wirklich
sicher und umsorgt ... :-) Craigs und vor allem Colins Ausdauer waren auch
nicht von schlechten Eltern. Colin tanzte fast fünf Stunden durch! Er hatte
heute keine Zeit zum Training gefunden und nutzte das Tanzen als Konditionstraining.
In einer Woche sollte er seine Prüfung für den schwarzen Gurt in irgendeiner
Kampfsportart machen ...
Zu einer undefinierbaren Uhrzeit am Morgen
- es dämmerte bereits und wir konnten die Umgebung erkennen - machten wir
uns mitsamt unseren langhaarigen schottischen Beschützern in Richtung unserer
Betten auf. Sie hatten es geschafft, irgendwie ein Taxi zu organisieren. Netterweise
wurde ich noch von Colin bis zu meinem Hostel gebracht. Er begleitete mich
hinein, um sicherzustellen, daß ich auch wirklich ohne Probleme in meinem
Zimmer landen würde und nicht vor verschlossener Tür warten müsse. Wie lieb
von ihm .... Total müde schlief ich ein, kaum daß ich mich hingelegt hatte.
Ein Glück, daß ich den Wecker
gestellt hatte. So verpaßte ich den Beginn von Nicks Tour nicht und
kam rechtzeitig zum Brunch im "Portree Independent Hostel" an. Craig verfluchte
seine Arbeit und irgendwelche Teenager, die ihn nicht in Ruhe ließen und mit
dummen Fragen nervten. Seine Augen ließen die nächtliche Aktivität vermuten.
Beide Brüder waren total k.o. Colin hatte seine Arbeit wohl für eine Weile
niedergelegt, denn er schlief im Foyer angezogen auf der Couch und merkte
nicht, daß ich ihn dabei fotografierte. Kurz bevor Casey und ich lostrabten,
wachte er kurz auf, begrüßte mich und drehte sich wieder auf die andere Seite.
Wie mußte Craig ihn doch beneiden .. aber als älterer Bruder wachte er sorgsam
über den Schlaf des Jüngeren.
Wir erzählten James von
der Tour. Als Nick dann ankam, war der Kleinbus leider schon völlig besetzt.
So konnte James bedauerlicherweise heute nicht mitkommen. Er verabredete aber
gleich einen neuen Termin und fuhr nächsten Tag mit.
Wir besahen uns unsere neuen
Begleiter für den Tag. Es herrschte eine leicht angespannte Stimmung, die
wir aufzulockern versuchten. Aber offensichtlich waren einige unzufrieden
- weswegen, konnten wir nicht herausfinden. Muß aber ehrlich zugeben, daß
es uns relativ egal war. Wir verbreiteten unter den anderen gute Stimmung
und scherzten auch mit Nick herum.
Mitten auf der Straße hielt
der Bus dann plötzlich an. Ratlosigkeit breitete sich aus, als Nick uns mitteilte,
wir sollen unsere Regenjacken anziehen. Einige von uns - die "Meckerer" -
kamen nicht mit. Ihr Pech. Was folgte, ist wirklich erinnerungswürdig. Es
ging einen Abhang steil hinunter und dann einen sehr schmalen Pfad zum Wasserfall
hinüber. Das Wasser war jetzt zu dieser Jahreszeit torfbraun. Unten empfing
uns ein leuchtender Regenbogen, als die Sonne hinter den Wolken hervorkam.
Auf der anderen Seite des reisenden Wildbachs hing ein Seil, an dem wir wieder
hochklettern sollten. Aber erst einmal hinüberkommen!
Nick ging voraus. Hinter
dem Wasserfall befand sich ein schmaler Spalt zwischen Felsen und herabbrausendem
Wasser. Mit der Ermunterung, uns gut festzuhalten und daß das Wasser nicht
ganz bis zu den Knien reichte, ging Nick voran. Was soll ich sagen? Es war
ein wundervoller kleiner Adrenalinstoß. Das Wasser war zwar eiskalt, wurde
aber in meinen Schuhen schnell warm. Und ich hatte Glück: ich trug eine Trekkinghose,
die nach einer halben Stunde wieder trocken war. Caseys Jeans war abends immer
noch feucht. Auf der anderen Seite zogen wir uns an dem Seil hoch … ich muß
definitiv mal wieder mehr Stangenklettern machen. Aber zum Glück war ich nicht
die Schlechteste. Bei mir ging es sogar relativ schnell.
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Die
"Elfenhügel" haben mich besonders beeindruckt. Sie strahlen etwas Geheimnisvolles
aus, etwas Unfaßbares. Angeblich habe hier eine schreckliche Schlacht zwischen
den Elfen stattgefunden und überall würden noch deren Zähne herumliegen. Schafszähne,
Knochen und Schädel lagen auch tatsächlich überall umher. In den Hügeln wohnen
Elfen und man soll sie nicht stören … Im grinste während dieser Geschichte
vor mich hin und dachte an die Elfengeschichten von Irland und Island.
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Ich verabschiedete mich
am Morgen schweren Herzens von Casey, James und den Brüdern. Sie würden mir
fehlen. Es waren wundervolle Tage gewesen.
Um 10:30 Uhr sollte mich
der Haggis-Bus nach Corpach bringen. Also mußte ich in Portree den Bus eine
Viertelstunde früher (10:15 Uhr) nehmen und mich nach Kylakin bzw. Kyle of
Lochalsh bringen lassen. Den Bus erwischte ich ohne Probleme. Leider konnte
ich aber damit eigentlich nicht über die Brücke. Auch hier galt der Gutschein
wieder nicht für den Bus, der durchfuhr. Weil ich aber so ein verzweifeltes
Gesicht zog und den Busfahrer nett angelächelt habe, schaffte er mich ohne
Bezahlung hinüber. So kam ich noch rechtzeitig für mein gelbes Riesentaxi.
Von
Kyle of Lochalsh geht es weiter nach Corpach. Es waren nicht besonders viele
im Bus. Wir hielten am Eilean Donan Castle. Dort wurde "Highlander
I" und "James Bond - Die Welt ist nicht genug" gedreht. Wahrscheinlich werden
es auch noch mehr Filme sein. Aber das sind bis jetzt die bekanntesten.
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Bedauerlicherweise hatten
wir nicht sehr viel Zeit für dieses Schloß. Ein halber Tag wäre mindestens
nötig gewesen. Das Schloß ist wirklich großartig. Und die Wiederherstellung
der Innenausstattung ist wirklich gelungen. Sie haben sogar ein paar Wachsfiguren
mit zeitgenössischer Kleidung hingestellt. In der Küche habe ich tatsächlich
zu einer Gestalt "Excuse me" gesagt, weil ich so dicht daran vorbeiging. Als
keine Reaktion erfolgte, erkannte ich erst, daß der Puppe jegliche Möglichkeit
mangelte, mir zu antworten. War über die Echtheit mehr als erstaunt und leicht
verlegen, als mich eine wirkliche Person amüsiert belächelte. Vor allem bewunderte
ich die Küche - ein Meisterwerk. Zusammen mit einem Südafrikaner (einem Musiklehrer)
war ich dann mit die Letzte, die völlig verspätet in den Bus stieg. Aber die
anderen konnten sich auch nicht viel eher losreißen.
Als nächstes fuhren wir
zum Ben Nevis, dem höchsten Berg Großbritanniens. Dort, am Fuße des
wolkenverhangenen Berges, wurde der Film "Braveheart" gedreht. Unser Fahrer
erzählte uns eine ganze Menge darüber und wies auch darauf hin, daß Stewart,
dem das Hostel in Corpach und eines in Oban gehörte, während des Aufbaus und
der Dreharbeiten eine ganze Menge Fotos geschossen hat, die jetzt in seiner
Jugendherberge in Corpach an der Wand aushängen. Wie ich später erfahren habe,
ist Braveheart dem Kämpfer William Wallace im 12. Jahrhundert nachempfunden.
Sein Werk setzte später Robert (the) Bruce als König von Schottland fort.
In der Jugendherberge in Corpach traf ich all die Australier wieder, die ich nicht zu wiederzutreffen gehofft hatte. Sie veranstalteten ein Höllenspektakel, waren laut und vulgär und ich hatte überhaupt keine Lust, mich großartig mit ihnen zu unterhalten. Stattdessen unternahm ich einen Spaziergang mit Theunis, dem südafrikanischen Musiklehrer. Er suchte einen Geldautomaten. Wir mußten über eine halbe Stunde laufen, um einen an einer Tankstelle in Richtung Fort Williams zu finden. Der helle Südafrikaner erzählte mir eine Menge über die weiße Bevölkerung der Mittelschicht (seine Eltern sind Engländer) in Johannesburg. Seine Freunde waren hauptsächlich Leute aus der einheimischen dunklen Bevölkerung. Als wir wieder zurückkamen, ging ich sofort ins Zimmer, las noch ein wenig und machte sehr zeitig als Erste das Licht aus.
In der Nacht schlief ich
aufgrund des Schnarchkonzertes so gut wie gar nicht. Entsprechend war ich
dann auch gelaunt. Als die ganze Truppe aufbrach und ich als einziger Gast
im Haus zurückblieb, legte ich mich wieder ins Bett. Dort wurde ich nun prompt
von der Putzfrau gestört!
Ich stand auf und schlenderte
im Haus umher, besah mir die Fotos und versuchte wachzuwerden. Ein paar Gespräche
mit der Putzfrau (Name vergessen), Stewart und Damien halfen durchaus. Sie
sahen mich jetzt auch nicht mehr so schief an. Damien erklärte mir nämlich,
daß sie am Abend zuvor davon überzeugt waren, ich wäre spießig. Hmpf! Muß
allerdings zugeben, daß ich das von mir auch gedacht hätte, hätte
ich mich erst gestern abend kennengelernt. Jetzt hatten sie nur noch Mitleid
mit meiner Müdigkeit. Vor allem, als sie hörten, daß ich die letzten Abende
nur gefeiert habe und auch die Techno-Night auf Skye mitgemacht habe. Sie
war offensichtlich ziemlich bekannt.
Die Jugendherberge ist recht
nett. Sie hat mehrere Preise und Auszeichnungen für die besten Freizeitaktivitäten
bekommen. Ich fand alles aber übertrieben teuer. Irgendwie kam ich mir wie
in einer üblen Touristenfalle vor. Hier geschah nichts aus Freundlichkeit,
alles mußte bezahlt werden und war auch nicht gerade preiswert. Internetanschluß
ist vorhanden, im Aufenthaltsraum gibt's Video und sie haben die Lizenz, Alkohol
zu verkaufen. Den kann man auch anschreiben lassen und gemeinsam mit der Zimmerrechnung
bezahlen. Geschäftsfördernd ….
Gegen
Mittag lieh ich mir ein Fahrrad für einen halben Tag und fuhr zu den Steall
Waterfalls. Die Fahrradanreise wurde länger als erwartet - und das, obwohl
ich Fahrradfahren sowieso schon nicht mag. Irgendwann nach über 20 Kilometern
(das war viel für mich damals!) hoch und runter kam ich dann an und schloß
mein Fahrrad an einem Baum an. Unterwegs kam ich an der Jugendherberge vorbei,
in deren Hinterhof der Weg auf den Ben Nevis losgeht.
Die Wanderung zum Wasserfall
war die schönste in meiner Zeit in Schottland! Es geht durch ein Tal immer
den Fluß entlang. Die Berge recken sich zu beiden Seiten in die Höhe. Da ich
eigentlich fast völlig allein war und nur aller halben Stunde jemanden traf,
fand ich auch meine Ruhe wieder. Die Gegend ist atemberaubend. Als ich ankam,
war ich sehr versucht, weiter in das Tal vorzustoßen. Hätte ich einen Rucksack
und ein Zelt oder Biwaksack bei mir gehabt, wäre ich einfach weitergelaufen
und hätte irgendwo nächsten oder übernächsten Tal übernachtet.
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Auf dem Rückweg hielt ich an der Touristeninformation. Sie haben dort eine schöne kleine kostenlose Ausstellung über die Flora und Fauna der Gegend. Auch ein paar geologische Fakten finden sich hier. Nachdem ich noch ein wenig in Fort Williams herumgekurvt war, fuhr ich zurück nach Corpach. Mehr Zeit wollte ich in Fort Williams nicht verbringen. Schien mir persönlich nicht unbedingt lohnenswert, wahrscheinlich, weil ich nicht ein so übermäßiges Interesse fürs Militär hege. Im Hostel zurück war ich zwar ein wenig über der Zeit, aber Damien ließ es durchgehen und schrieb mir nur einen halben Tag (=genau 6 Stunden, wie pingelig) auf. Inzwischen waren auch noch zwei oder drei andere Leute eingetroffen. Mit nur einer kleinen Gruppe wurde es am Abend richtig gemütlich und wir hatten eine Menge Spaß.
Am Morgen lief ich die paar Minuten in den Ort, um die "Treasures of the Earth"-Ausstellung zu besichtigen. Der Eintrittspreis ist zwar heftig, aber wenn sich jemand für Steine interessiert durchaus lohnenswert. Die Ausstellung ist recht klein, aber fein. Sie haben dort einen Gang hingebaut, in dem die Steine mit UV-Licht bestrahlt werden. Diese erscheinen dann in völlig neuen, interessanten Farben. Eine ganz neue Perspektive, die ich bis jetzt noch nirgendwo anders gesehen habe. (Naja, abgesehen von einem Labor in der Uni. Aber die Steine sind nicht so groß und es wirkt in der Ausstellung wesentlich eindrucksvoller).
Auf dem Weg zurück kamen Stewart und Damien mit dem Auto vorbei und boten mir an, mich kostenlos (ist bei ihnen wohl eher eine Seltenheit und absolute Ausnahme) mit zum Fuße des Ben Nevis zu nehmen, damit ich ihn besteigen konnte. Zu meiner Schande muß ich gestehen, meinen Fotoapparat vergessen zu haben!!! Die Wanderung fand ich relativ einfach und ist nicht so sehr im Gedächnis haften geblieben wie der Ben-y-vrackie. (Außerdem habe ich damals keine Reisenotizen geschrieben. Wer eine ausführliche Wanderbeschreibung dazu haben möchte, muß sich leider anderweitig umsehen. Sorry! Aber keine Sorge, Ihr werdet bestimmt fündig werden. Hier ist eine recht amüsante Wegbeschreibung, die auch den Schmerz danach berücksichtigt. Allerdings hatte ich nicht solchen Muskelkater beim 1. Mal - erst 2008.) Wie auch immer, oben lag schon Schnee und der Geröllweg forderte den Oberschenkelmuskeln beim Herunterlaufen dann doch einiges ab. Oben war natürlich alles wolkenbedeckt und ich traf auf meiner Wanderung nur zwei andere Leute. (Nachtrag: am 16.07.2008 habe ich mit meinem schottischen Partner bei einem Verwandten-Kurzbesuch den Berg nochmals bestiegen. Diesmal hatte ich allerdings eine Kamera dabei. Die Bilder stammen von dieser Besteigung.) | ![]() |
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Anschließend
lief ich noch den Caledonian Canal in der Nähe von Neptun's Staircase entlang. Das ist eine Reihe von Schleusen - 9 an der Zahl - die dem Schiffsverkehr die Höhenbewältigung ermöglichen. Ich glaube, es waren 18 m Unterschied. Ich verfiel dort in eine
recht nachdenkliche Stimmung. Es waren kaum Menschen anwesend. Auf der anderen
Seite begegnete ich einigen Hauseigentümern. Von einer Frau wurde ich sogar
zum Tee eingeladen. Auf dem Weg zurück zum Hostel machte ich einen Umweg direkt
an den See … dabei kam ich durch eine Gegend, die von relativ armen Menschen
bewohnt wird … eine andere Welt öffnet sich hier … Den Kanal entlang und unten
am See konnte mein geschultes Auge (Umweltingenieur!) Anzeichen gravierender
Umweltverschmutzung erkennen … wirklich schade.
Heute abend waren wir wieder
ein paar mehr Leute. Die Busfahrerin für den nächsten Tag hatte auch schon
ihr Plätzchen gefunden. Damien, ein 37jähriger Australier, der im Hostel arbeitet,
ist angehender Psychologe. Studiert schon seit vielen Jahren. Relativ witzig,
obwohl er auf den ersten Blick irgendwie sehr ruhig erscheint. Wir verbrachten
noch einen Großteil des Abends miteinander. Es war interessant und ich habe
eine Menge gelernt. [...]