Die Technische Universität Berlin bietet verschiedene, sehr gute Paddelkurse an. Nachdem man den Einführungskurs mitgemacht hat oder nachweisen kann, daß man tatsächlich Wildwasserfahren kann, hat man sich für die Paddelreisen qualifiziert. Zum damaligen Zeitpunkt gab es nur Slowenien und Norwegen. Slowenien soll einfacher zum Lernen sein und wird daher von den meisten bevorzugt. Dies ist ein Bericht einer solchen Reise. Die meisten Teilnehmer sind normalerweise - und waren damals auch - Studenten.

Freitag, 28.07.2000

Wir haben uns verabredungsgemäß um zehn Uhr an der ZEH (Zentraleinrichtung für Hochschulsport) getroffen. Wir - das waren: Julia, Nicole (unsere zwei Übungsleiterinnen), Ioanna, Holger D., Holger K. und Martin-Christoph (im folgenden kurz Martin genannt). Die letzten beiden wollten lediglich ihr Gepäck im Kleinbusbus mitfahren lassen.
Nachdem alles irgendwie in den Bus geschmissen wurde, ging es weiter zum TU-Bootshaus in Spandau. Dort wurde das gesamte Material herausgesucht, aufgeschrieben und eingeladen. Zum Material gehörten u. a. Neoprenanzüge, Paddeljacken, Rettungswesten, Spritzdecken, 4 Bänke, 2 Tische und das riesige Küchenzelt. Unsere Kochutensilien bestanden aus der Küchenkiste mit Töpfen, Pfannen und Gewürzen, 2 Gaskochern und einer Gasflasche, die von Hartmut T. (mein Übungsleiter vom Eskimotierkurs und vom Wochenendkurs in Sömmerda) netterweise wieder aufgefüllt worden war. Teller, Besteck und Tasse mußte jeder selbst mitbringen.
Desweiteren waren natürlich die Kajaks mit am wichtigsten. Auf den Hänger aufgeladen wurden: 2 Hurricane, 2 Diablo, 4 Invader, 2 Corsica und 2 Slalom. Holger K. hatte seinen eigenen Corsica von einem Verein geliehen und auch dieser lag im Bootshaus zum Aufladen bereit. Dann kamen noch diverse Paddelsachen hinzu - 3 Wurfbeutel (mit 20 m Seil), 3 Bergesysteme, Reparaturkiste, Ersatzteile, ...
Endlich war um eins alles organisiert verstaut worden und es konnte losgehen. Wir fuhren noch beim Supermarkt und Bäcker vorbei. Gegen 1400 Uhr verließen wir dann Berlin endgültig.

Während sich Nicole und Julia am Lenkrad abwechselten, versuchten Ioanna, Holger D. und ich es uns auf den letzten zwei Bänken gemütlich zu machen und zu schlafen. Wir fuhren die gesamte Nacht hindurch. Leider hatten wir etwas Pech mit Stau, der uns nicht nur auf der Autobahn, sondern auch beim Tanken erwischte.

Anreise (ca. 1000 km):
  • AB Berlin - München - Salzburg (Österreich) - Villach (Österreich)
  • Nach Villach auf der AB Richtung Udine (Italien)
  • Nach der italienischen Grenze AB-Abfahrt nach Tarvisio
  • Dann Abzweig Richtung "Slovenia"
  • Dann Abzweig rechts nach "Slo-Bovec" (aber nicht nach "Slo-Kranjska Gora")
  • Pedilpaß, dort slowenische Grenze
  • Ins Tal 'runter Richtung Nova Gorica
  • Ortsanfang von Bovec links ab Richtung Cezsoca
  • Nach ca. 300 m links ab nach Vodenca
  • Straße führt direkt zum Kajak-Kamp Toni (auch groß ausgeschildert)
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    Samstag, 29.07.2000

    Endlich: halb acht früh erreichten wir unser Ziel: wir hielten nach 18 Stunden Fahrt auf dem Kajak-Kamp Toni (Kajak-Kamp Toni, Anton Zagar, Vodenca Nr. 6, 65230 Bovec/Slovenja, Tel./Fax: 00386-65-86454) an. Anbei sei noch angemerkt, daß die Kurse der Freien Universität Berlin (FU) sich normalerweise auf dem Nachbarcampingplatz „Liza“ einquartieren.
    Die Sonne war bereits aufgegangen und erleuchtete das Bergpanorama, welches den Campingplatz umgab. Dieser liegt in der Nähe des Triglav-Nationalparkes.

    Wir gingen die Treppe hinunter zu einem Platz, den die TU schon seit Jahren belegte. Dieser war allerdings schon besetzt und so vermuteten wir, für uns sei der gegenüberliegende, etwas schattigere Platz reserviert. Nach langem Hin und Her entschieden wir uns für genau diese Stelle. Die Gegenargumente beliefen sich hauptsächlich auf die mangelnde Sonne frühmorgens. Bis ca. halb oder um neun ist die Sonne nämlich noch nicht so weit den Hang heruntergeklettert und der Tau bleibt auf dem Gras. Diese Stelle ist jedoch sehr nahe am Wasser, schön, ruhig und gemütlich. Außerdem laufen nicht sämtliche Fremde durch und wir sind etwas für uns.
    Julia und Ioanna waren sehr müde und so legten sie sich schlafen, während der Rest zum Einkaufen fuhr. Wir sammelten Geld zum Wechseln ein und entschieden uns auf meinen Vorschlag hin, zum Abendessen auszugehen. Ich lieh Ioanna noch meinen Schlafsack und wir fuhren nach Bovec los. Holger D. wurde zum Kassenwart der Gruppe erklärt und tauschte die Gemeinschaftskasse in Slowenische Tolar um. Der Kurs hielt sich über die gesamte Zeit bei etwa 1:105 (DM:SIT).
    Nach dem Supermarkt zeigte uns Nicole eine urige Kneipe gegenüber dem Supermarkt, die sie schon auf vorherigen Reisen regelmäßig besuchte. Dieses Lokal sollte in den nächsten zwei Wochen auch von unserer Gruppe öfters angesteuert werden.
    Nach einem kurzen Besuch in der „tourist information“ fuhren wir dann zum Campingplatz zurück. Wir waren so hungrig, daß wir drei sofort noch oben am Bus eines der Brote aufaßen. Nicole machte uns mit Ajvar bekannt. Das ist ein orangeroter milder Paprikaaufstrich, der besonders mit Käse auf Brot sehr gut schmeckt.
    Gemeinsam luden dann Küchenzelt und die eigenen Zelte aus. Das Aufstellen des riesigen Küchenzeltes war zum Glück zu fünft möglich. Das ist allerdings auch die Mindestanzahl an Leuten, die dafür benötigt werden. Nach einer eingehenden, etwas länger andauernden Diskussion über den Stellplatz wurde das Zelt dann endlich mit etwas Mühe aufgebaut.
    Julia und Nicole gingen gleich paddeln (mit 2 Hurricanes). Sie nahmen Holger mit nach Bovec, da er die Badehose offensichtlich liegengelassen hatte und sich eine neue kaufen mußte.
    Ioanna und ich zogen unsere Neoprenanzüge an und gingen hinunter zum Fluß. Das Camp liegt direkt an der Koritnica kurz vor der Mündung in die Soca.
    Nachdem Holger zu Fuß zurückkam, aßen wir noch etwas, duschten und spielten Federball. Habe meine Hängematte hinter dem Zelt aufgehängt und mir es noch etwas gemütlich gemacht. Leider fing es bald an zu regnen, so daß wir ins Küchenzelt flüchteten.
    Gegen 1900 Uhr kamen Julia und Nicole zurück und wir fuhren eine Stunde später nach Bovec. Wir aßen in "Gostilna pod Lipco". Es war sehr lecker (überbackener Käse, gegrillte Forelle, Salat) und die Portionen sind riesengroß. Nach dem Essen kam aufgrund Holgers Frage an Julia ("Was für ein Typ sind Paddler allgemein?") eine von Julia als hitzig empfundene Diskussion über Pauschalisierung, Schubladendenken und die Auswirkungen von Vorurteilen auf.
    Bei der Fahrt durch Bovec fiel mir die Architektur der Häuser auf. Alle Eingangstüren waren nur über Treppen erreichbar - auch wenn es nur 3 Stufen waren. Meist befanden sie die Türen jedoch in ein bis zwei Meter Höhe. Als Erklärung fiel mir Hochwasser ein, was ich jedoch irgendwie nicht so ganz glauben konnte. Eine Erklärung erfuhr ich erst später.
    Wieder zurück bewunderten wir den Sternenhimmel. Es waren Sternschnuppen, die Milchstraße und ein anderer Sternennebel zu sehen. Alles war sehr klar und der gesamte Himmel leuchtete im Licht von Unmengen von Sternen. Wunderschön. Wir entdeckten auch noch Glühwürmchen, die ihre Bahnen kurz über unseren Köpfen zogen. Das Wetterleuchten entwickelte sich später zu einem Gewitter, der in Nachtregen ausartete.
    Während die anderen sich noch unterhielten, legte ich mich schlafen, da ich inzwischen ziemlich müde geworden war.

    Sonntag, 30.07.2000

    Ich bin halb neun aufgewacht und fühlte mich irgendwie krank (Nase, Augen, schwerer Kopf). Ich räumte an diesem Tag noch mein Zelt um, sodaß ich nun rechts vom Eingang schlief. Links ist der Boden uneben und hat eine leichte Steigung. Bin ständig von der Isomatte gerutscht - sehr unbequem.
    Wir frühstückten um zehn und kurz nachdem wir uns einig waren, daß der Rest der Gruppe eigentlich auch früh ankommen müsse, erschienen Thilo, Martin, Holger K. und Marco auf den Treppen, die zu unserem Stellplatz hinunterführten. Sie hatten nur 11 Stunden für die Anfahrt gebraucht. Wir setzten unser Frühstück nun gemeinsam fort. Der Rest der Lebensmittel (Nutella, Müsli, Saft) war nun glücklicherweise auch da.
    Da wir den ganzen Nachmittag Zeit hatten, fuhren nach dem Mittag auf meinen Vorschlag hin Holger D, Thilo, Martin, Marco und ich zum "Slap Boka".
    Slap Boka ("Wasserfall Gottes") ist der höchste Wasserfall Sloweniens. Leider kann man den Wasserfall in seiner vollen Pracht nur im Spätfrühling (Mai und Juni) betrachten. Dann beträgt die Breite des über 100 m hohen freien Falles des Schmelzwassers bis zu 30 m. Das Rauschen des Wassers ist gewaltig und beherrscht die ganze Umgebung.
    Um hinzukommen, muß man etwa 3 km auf der Hauptstraße von Bovec in Richtung Kobarid (Süd) über die Brücke fahren und am Rand einer scharfen Linkskurve parken. Man kann noch 50 Meter weiterfahren und das Auto am Parkplatz in einer scharfen Rechtskurve abstellen. Das ist die Ein- bzw. Ausstiegsstelle für die Paddler.
    Man beginnt beim Parkplatz bei der Brücke unterhalb der Boka, wo man sich für den Weg zur Quelle oder zum Aussichtspunkt entscheiden kann.

    Variante 1: Zur Bokaquelle gelangt man auf der Nordostseite der Brücke und folgt den Markierungen auf einem steilen Pfad (den Wasserfall sieht man dabei nicht). Der Pfad führt oberhalb der Quelle und erst im letzten, ziemlich exponierten Abschnitt zur Quelle hinunter. Auf demselben Weg kehrt man zurück. (3-4 Stunden, +++, 400-500 m)
    Variante 2: Zum Aussichtspunkt gelangt man von der Südwestseite der Brücke. Man sucht den Beginn des markierten Pfades und genießt mit jedem Höhenmeter eine immer schönere Aussicht auf den Wasserfall. Wenn man vom Wald zu den grasigen Abhängen gelangt, wird der Weg eben und führt zum höchsten Punkt der Aussichtsstelle. (2 Stunden, +++, 200-300 m)

    Wir entschieden uns für die 2. Variante. Hauptsächlich deshalb, weil es der Panoramweg ist. Dazu muß man von Bovec kommend nach der Brücke rechts den Weg nehmen. Will man zu Bokaquelle, muß man den Pfad vor der Brücke hochlaufen.
    Der Weg führt fast ausschließlich durch Wald. Teilweise ist der Anstieg etwas steiler, aber leicht zu schaffen. Ich ließ den anderen einen Vorsprung, um die Natur allein mehr zu genießen. Es ist interessant, was man allein alles entdeckt. Außerdem kommt man so viel besser mit anderen Leuten ins Gespräch.


    Das letzte Stück geht über eine Wiese an zwei verlassenen, baufälligen Hütten vorbei. Ich ging hin und entdeckte eine Art überdachter Brunnen in der Nähe eines der Gebäude, das wie ein Schafstall wirkte. An den Hütten vorbei geht der Weg rechts hinunter zum Aussichtspunkt. Man befindet sich höhenmäßig knapp über dem Wasserfall und hat einen sehr schönen Gesamtblick auf diesen. Nach einer Weile Suchen entdeckten wir auch den Weg auf der anderen Seite, der zur Bokaquelle führt. Da es anfing zu regnen, gingen wir bald darauf wieder den gleichen Weg zurück. Unten angelangt - die Sonne schien inzwischen wieder, kletterten wir unter die Brücke zur Boka.
    Dort befinden sich ein paar Mini-Wasserfälle, die aber sehr schön in einige Basin auslaufen. Das Wasser war eiskalt, aber glasklar. Wir zogen alle unsere Schuhe aus und tapsten munter im Wasser umher. Thilo war sogar so mutig, trotz der wirklich eisigen Kälte des Wassers splitterfasernackt in das Basin ganz ein- bzw. unterzutauchen. Mir war es zu kalt und ich hatte außerdem am rechten großen Zeh oben eine Blase bis aufs Fleisch aufgerieben, die im Wasser brannte. (Merkwürdig - die Schuhe waren doch in den Dolomiten eingelaufen - konnte eine andere Sohle derartige Auswirkungen haben? Oder waren es die Socken?) Also lief ich nur bis zu den Schienbeinen im Wasser herum, ließ die Beine in die Boka baumeln und sonnte mich ein wenig. Natürlich fotografierten wir wie wild umher.


    Nachdem unsere Füße alle eine etwas rötlichere Farbe wegen der Wasserkälte angenommen hatten, fuhren wir wieder zurück. Mitten auf dem Heimweg war in einer Lücke zwischen zwei Bergen ein Regenbogen zu sehen. Wir hielten für einen kurzen Fotostop.
    Wieder angekommen fuhren Holger D. und Thilo nach Tarvisio, um Dietlinde - unser letztes Gruppenmitglied von Spanien über Deutschland (Bielefeld) kommend - vom Bahnhof abzuholen. Ich aß meine Wassermelone (die sind hier sehr groß) und machte mich dann ans Kochen (Couzcous und Gemüsepfanne). Didi rief an. Sie hatte aufgrund einer technischen Schwierigkeit in Deutschland (sie saß 2 Stunden im ICE in einem Tunnel fest, ehe der Zug rückwärts hinausfuhr, um den anderen Zug, der liegengeblieben war, zu umfahren) die Anschlußzüge verpaßt. Sie würde erst gegen 100 Uhr nachts ankommen. Nach dem Abendessen fuhren Holger D. und Ioanna wieder nach Tarvisio und kamen gegen 230 Uhr mit Didi zurück.

    Montag, 31.07.2000

    800 Uhr: Julia weckte alle sehr scheppernd, indem sie mit irgendetwas gegen einen metallischen Topfdeckel schlug. Es war nicht nur nervig, sondern auch sehr laut und weckte auch den Unwillen unserer Nachbarn.
    Wir aßen eine halbe Stunde später Frühstück und lernten dabei Didi erstmalig kennen.
    Dann verteilten wir Aufgaben: Julia und Nicole holten die Paddelkarten in der „tourist information“; Ioanna, Holger K., Thilo und Marco gingen einkaufen und ich zur Bank, um das Restgeld umzutauschen.
    Wieder zurück im Camp stellten wir die Materiallisten auf. Dabei ist jeder für sein Zeug verantwortlich.
    Ich bekam einen Hurricane (ist zwar schwerer zu fahren, aber kräftemäßig leichter und kürzer), eine Spritzdecke, einen Helm, eine Schwimmweste und eine pinkfarbene Paddeljacke. Mußte diese allerdings später mit Ioanna gegen eine sehr enge rote Jacke tauschen. Grund war der rückwärtige Klettverschluß am Hals, in dem meine Haare ständig festklemmten.
    Wir luden auf und fuhren zu unserer heutigen Einsatzstelle. Nach einer gründlichen Erwärmung setzten wir gegen 13 Uhr ein.

    Teilstrecke Cezsoca bis Boka
    Pegel 72
    Länge 5 km
    Schwierigkeitsstufe I/II

    Bin mit dem Hurricane dreimal schwimmen gewesen, hatte allerdings auch einen persönlichen Erfolg: habe in einem Kehrwasser die Eskimotierrolle in einem Hurricane geschafft. War selbst ganz überrascht, daß es so einfach war. Ich glaube, die Rettungsweste ist dabei eine große Hilfe, da sie den nötigen Auftrieb beim Paddel-an-die-Wasseroberfläche-bringen gibt.
    Bin beim Zurückkehren mit Didi noch nackt in die Koritnica gesprungen. Diese ist etwas kälter als die Soca - ca. 7 °C an diesem Tag (sonst auch mal 4°C). Die Soca hatte eine Wassertemperatur von 8-10 °C, wie wir einmal gemessen hatten.
    Abends hatte Holger K. die Kochoberaufsicht. Es gab eine Gemüse/Obst-Pfanne mit Bandnudeln. Die meisten waren ziemlich geschafft und gingen bald schlafen.

    Dienstag, 01.08.2000

    Bin mit Didi in die Koritnica gesprungen und war danach wirklich wach. Didi motivierte sich beim Hineingehen mit einem interessanten Slogan: "Das Leben ist schön, das Leben ist schön, das Leben ist schön und gesund ist es besser." Nach dem Aufsagen marschierte sie tapfer in das eiskalte Wasser.
    Um neun gab es frische Brötchen aus Bovec. Die Idee bürgerte sich ein: Jeden Morgen jemand einkaufen.

    Teilstrecke Zmukljica bis Sotocje (3. Klamm)
    Länge 2,5 km
    Schwierigkeitsstufe II/III

    Nach dem obligatorischen Aufwärmen setzten wir mittags ein. Bei der Einsatzstelle muß man einen relativ langen Weg laufen. Mit dem Kajak ist dies besonders unbequem, da sehr viele steile Treppen zur Soca hinunterführen. Kurz oberhalb der Einsatzstelle ist eine Höhle, zu der man über einen kleinen Schwall hochtraversieren kann.
    Ich fuhr diesmal einen Invader. Leider mußte ich feststellen, daß mir das Boot viel zu groß ist - ich bin ständig aus den Kniestützen gerutscht, obwohl die Fußstützen nicht kleiner zu stellen waren. Kanten geht mit diesem Bootstyp auch nicht besonders gut. Zumindest nicht im Vergleich zum Hurricane. Allerdings bin ich auf der gesamten Strecke nicht ein einziges Mal ins Wasser gefallen. Nur beim Spielen an der Aussatzstelle hat es mich fünf Minuten vor dem Aussteigen erwischt, da zu viele Leute dort waren. Ein kleiner Junge in einem gelben Fly (dem Hurricane sehr ähnlich, aber kürzer) hat mir vorgemacht, wie ich an der Stelle fahren soll. Es ist deprimierend: während er es spielend und scheinbar ohne jede Anstrengung schafft, werde ich ständig abgetrieben und bin dann durch falsches Kanten ins Wasser gefallen. Habe danach ausgesetzt.
    Die Strecke ist wundervoll: kleine Walzen, Schwellen, Schwälle, ... Ich mag wildes Wasser und dieses Teilstück hat mir viel mehr Spaß gemacht als das gestrige.
    Wir haben teilweise selbständig Kehrwasser angefahren. Holger ist dabei mit dem Hurricane dreimal schwimmen gewesen. An der Picknickstelle kann man in einer kleinen Schlucht von der Hängebrücke bzw. vom Felsen ins Wasser springen. Es sind etwa 4 Meter - vielleicht auch 5 - ich bin sehr schlecht im Entfernungsschätzen. Bin zweimal gesprungen, damit auch Fotos gemacht werden können. Ich hatte diesmal meinen Fotoapparat bei Nicole mit eingepackt.
    Die Aussatzstelle war die Mündungsstelle Koritnica-Soča, die sehr nahe an unserem Campingplatz liegt. Ich habe mit Holger die Boote hochgetragen.
    Als wir später den Bus holen wollte, stellte sich uns ein Schlüsselproblem dar: Wir hatten sowohl die Autoschlüssel des VW Polo als auch die Fahrradschlüssel im Bus gelassen, der an unserer Einsatzstelle stand. Kurzerhand wurde Holger K. verantwortlich gemacht und Nicole trampte zum Bus.
    Überhaupt ist trampen in dieser Gegend sehr geläufig, ziemlich sicher und ist eine normale, häufig benutzte Beförderungsmöglichkeit. Es ist auch relativ leicht, einen "lift" zu bekommen.
    Bin nach der Rückkehr nochmal in die Koritnica zum Abspülen gesprungen. Beim Aufhängen der Sachen habe ich ein kleines Loch in meinem neuen Neo entdeckt (linkes vorderes Schienbein). Ärgerlich. Außerdem habe ich eine Blase am linken Daumen vom Paddel - die übliche Stelle für Paddler.
    Ioanna kochte Bratkartoffeln, Gemüse und Omelette. Der Nachtisch sollte eigentlich Milchreis sein, aber Holger hatte es vergessen. War aber nicht besonders schlimm, da auch so alle satt wurden. Keiner ärgerte sich darüber und er muß ja nicht für alles verantwortlich sein!
    Nach dem Abendessen fand eine Vorbesprechung für den nächsten Tag statt.
    Habe mit den Nachbarn wegen eines Grills gesprochen und ihn uns besorgt und bin gegen elf schlafen gegangen.

    Mittwoch, 02.08.2000

    Sehr zeitig aufgewacht und meine Postkarten geschrieben. Didi schrieb auch schon fleißig Briefe und Ioanna tauchte ebenso bald zum Lernen auf.
    Nach einer kurzen Überlegung beschlossen wir, heute morgen auf den Sprung in die Koritnica zu verzichten. Es war zu kalt! Außerdem schmerzten meine Schultern. Ich glaube, ich habe Muskelkater - trotz Erwärmung!
    Ich traf dann noch auf Toni und stellte meine Aussage von gestern richtig. Ich hatte gesagt, wir wollten am Donnerstag Holz holen gehen - aber eigentlich wollten wir heute gehen. Ich brachte ihn wegen des Organisatorischen zu Nicole und Julia, die ich kurz zuvor im Bus gesehen hatte.

    Teilstrecke Sotocje (Mündung) bis Cezsoca (Hausstrecke)
    Länge 2,5 km
    Schwierigkeitsstufe II/III>

    Gleich nach dem Einsetzen gingen Thilo und Didi schwimmen. Thilo setzte dann wegen "schlechten Gefühls" aus. Wir blieben also nur noch 3 + Nicole. Eine reine Frauengruppe. Hier wurden wir auch das erste Mal kontrolliert und mußten unsere Paddelkarten zeigen. Die Kontrolleure haben eine neongelbe Weste mit der Aufschrift "obcinski redar" an.
    Diese Karten sind erstmalig erst in diesem Jahr neu eingeführt worden. Ab jetzt müssen alle Paddler Erlaubnisscheine, sogenannte Paddelkarten kaufen. Die Preise betragen für 7 Tage 18 DM und für nur einen Tag 3 DM. Diese Gebühr wird laut Artikel 10 des Erlasses über die Benutzung und den Schutz der Zugangsstellen an der Soca für die wassersportliche Befahrung für die "Deckung der Erhaltungs- und Schutzkosten und zur Kontrolle der Maßnahmen, die mit dieser und den sonstigen Vorschriften vorgesehen sind" verwendet.
    Wir übten sehr viel traversieren. Inzwischen glaube ich, auch den Bogen 'rauszuhaben. Mit dem Hurricane geht kanten aber auch viel besser. Okay, ich gehe öfter schwimmen, dafür passe ich gut in dieses Boot und kann viel mehr interessante Sachen anstellen.
    Die Strecke war noch besser als gestern. Kurz nach der Einsatzstelle kommt eine Felswand, hinter der sich ein kleiner Wasserfall befindet. Vor der Felswand gibt es eine Rückströmung, auf der man bei richtigem Kanten reiten kann. Habe mich relativ lange gehalten und bin dann leider bei einmalem falschen Kantens schwimmen gegangen und promt am Wasserfall vorbeigetrieben. Ärgerlich, ich wollte unbedingt in das Kehrwasser zu dem Wasserfall und habe es verpaßt. Danach gab es 3 größere Schwälle, von denen wir uns auch einen (den zweiten) ansahen.
    Den ersten habe ich leider ebenso wie den Wasserfall verpaßt. Ich bin etwa 10 Meter davor wegen einem überspülten Stein und falsch Kantens schwimmen gegangen und habe den Schwall auf dem Hosenboden und Knien mitgenommen. Habe mir nichts verletzt, mich aber geärgert, so ein schönes Stück verpaßt zu haben.
    Vor dem zweiten Schwall (Erdbebenschwall - war vor dem Erdbeben 1998 noch nicht vorhanden) stiegen wir aus, um uns die Strecke anzusehen. Ich wollte erst die Hauptstrecke (schwerer!) fahren. Wir entschieden uns jedoch dann, beide Strecken zu fahren und die leichtere (rechts) zuerst.

    Rechts: links am Stein mit dem Türmchen vorbei, die nächsten beiden Steine auch links und dann sofort nach rechts hinüberpaddeln, rechts Kehrwasser,

    Links: links am Stein mit dem Türmchen vorbei, dann nahe rechts am überspülten Stein, damit links an Walze vorbei, danach schnell und kräftig nach rechts hinüber zum großen Stein und Schwall hinunter, links Kehrwasser

    Nachdem wir die leichtere Strecke gefahren waren, trugen Ioanna und ich unsere Kajaks wieder hoch. Es gibt stromabwärts gesehen rechts einen kleinen Flußausläufer, der sich später wieder mit der Hauptströmung vereinigt. Er ist relativ flach und man kann das Boot dort gut durchtragen. Allerdings sind die Steine sehr glitschig. Ich bin ausgerutscht und dabei heftig mit beiden Knien auf die Steine gekracht. Den Schmerz bin ich den ganzen Urlaub nicht wieder losgeworden. Überhaupt schillerten Knie und Schienbeine am Ende des Urlaubs in den buntesten Farben: violett, gelb, grün, ...
    Inwischen war auch Julias Gruppe angekommen und wir hatten beim zweiten Mal hinunterfahren Publikum. Leider habe ich das schnelle Paddeln nach rechts hinüber nicht mehr ganz geschafft und bin daher über ein paar Steine rückwärts den Schwall hinutergerutscht. Ich habe mich aber gehalten und bin wieder links ins Kehrwasser zu Nicole gefahren.
    Unterwegs haben wir auch noch die Paddelstütze geübt - Didis Erfolgserlebnis, da sie das offensichtlich noch nicht kannte. Hat sowohl ihr als auch Ioanna laut eigenen Aussagen sehr viel gebracht.
    Beim 3. Schwall kam ich durch, ohne schwimmen zu gehen. Bin ins rechte Kehrwasser und mußte dort warten, weil Didi schwamm. Inwischen wurde es auch voll, weil andere Paddler kamen und beim Schwall spielten. Als ich weiterwollte, konnte ich wegen dem Felsblock vor mir die Strecke nicht sehen und nicht erkennen, ob jemand kam oder nicht. Ich wurde von einem anderen Paddler im gegenüberliegenden linken Kehrwasser herausgewunken. Ich war schon in der Strömung, als er ein Haltzeichen machte. Leider war es schon zu spät und bei meinem Versuch, dem entgegenkommenden stromabwärts fahrenden Paddler auszuweichen und schneller vorwärtszukommen, bin ich prompt schwimmen gegangen. Mist!
    Zwei Paddler halfen Nicole und mir mit dem Boot. Danach war die Strecke sehr ruhig mit wenig Kehrwasser außer am Ufer.
    Wir waren um 17 Uhr an der Aussatzstelle und wollten in den Prijon-Shop. Vor allem Ioanna wollte sich Neoprenschuhe mit fester Sohle kaufen. Aber ausgerechnet mittwochs hat der Laden geschlossen. Ärgerlich. Die Öffnungszeiten ansonsten sind 9-12 und 16-19, auch Wochenende.
    Wir trugen die Boote zum Bus, zogen uns um, luden die Boote auf und warteten auf die 2. Gruppe.
    Ich hatte leichten Sonnenbrand bekommen, vor allem die Hände brannten. Es war eine richtige Linie von der Paddeljacke zu sehen: die Hände waren braun und ab dem Handgelenk war alles weiß.
    Beim Zurückfahren haben wir kurz in Bovec angehalten und Obst eingekauft. Ioanna hat noch ihre geliehenen Schuhe (3 DM pro Tag) zurückgegeben.
    Nach der Rückkehr haben wir alle schnell die Sachen aufgehängt und sind mit Toni Holz holen gegangen (18:30 Uhr). Der Pfad führt über die Hängebrücke rechts hoch und dann links in Richtung Kal-Koritnica. Wir haben an Nadelbäumen trockene Äste abgesägt und abgehackt und zurückgeschleppt. Ziemlich k.o. ließen wir das Holz neben der Feuerstelle liegen und gingen duschen.
    Da keiner noch besonders Lust hatte, beschlossen wir, das Lagerfeuer morgen anzuzünden.
    Kurz vor dem Essen verkündete Thilo noch, daß er abreisen würde: "Es bringt mir mehr Streß als Vergnügen." Er war sich seiner Sache ziemlich sicher und hatte sich bereits nach den Zugverbindungen erkundigt (0:24 von Tarvisio). Mit seinem Abreisewunsch stieß er bei den meisten der Gruppe auf totales Unverständnis. Ich hörte noch, wie er zu Ioanna meinte: "Ist nicht meine Sportart."
    Zum Abendbrot gab es Holger K.s Milchreis mit Zucker und Zimt und Obstsalat. War sehr lecker. Kurz bevor wir uns über das Essen stürzten, gab mir Nicole noch einen Zettel mit Matthias' sms.
    Julia fuhr Thilo 23:00 Uhr nach Italien hinüber. Er nahm das Rückfahrticket von Didi (Österreich-Sparpreis: Hin-und Rückfahrt waren 3,- DM billiger als nur Hinfahrt).
    Ich schmierte noch ABC-Salbe (Bienengift) auf Knie und Schienbein. Es fing nur sehr kurze Zeit später an, auf der Haut zu brennen.
    Zwischen 23:15 und 23:30 Uhr ging ich dann zu Bett - bzw. in den Schlafsack.

    Donnerstag, 03.08.2000

    Heute ist paddelfreier Tag und wir können also ausschlafen. War aber trotzdem schon 7:30 Uhr wach.
    Ich glaube, das nochmalige Lufteinlassen in die Isomatte am Abend zuvor hat einiges gebracht. Es war viel bequemer geworden.
    Frühstück gab es gegen 10 Uhr. Der Milchreisrest von gestern abend war immer noch lecker.
    Nach dem Frühstück klärten wir die Geldangelegenheiten, was bis etwa ein Uhr mittags(!) dauerte.
    Bin danach mit Ioanna einkaufen gefahren.
    Haben kurzen Fotostop bei dem erdbebengeschädigten, mit Holzpfählen abgestützten Haus gemacht. Der Ort hat eine interessante Methode, die Schäden von 1998 zu beseitigen: Die gesamte Gemeinde baut nacheinander jedes Haus einzeln wieder auf - jeder hilft jedem. Die, deren Haus noch nicht fertiggestellt ist, wohnen in einer Art Containerstadt, in der es im Sommer unerträglich heiß sein soll (zumindest laut Tonis Aussage).
    Nach dem Einladen sind wir beide zu Nicole und Julia auf einen Cappuchino und ein Eis in die Kneipe gegangen. Nach einem kurzen Stopp in der tourist information ging es noch zum Gemüsehändler und dann zum Camp zurück. Wir luden aus und ich bin dann mit dem Polo allein zum Slap Kozjak losgefahren. Vielleicht sollte hier an dieser Stelle erwähnt werden, daß beim Autofahren in Slowenien das Licht angeschalten sein muß (Lichtpflicht) - egal, wie die Lichtverhältnisse sind.
    Ich fuhr kurz vor drei Uhr ab. Zwischen Žaga und Kobarid wird die Straße sehr kurvenreich und ist teilweise auch sehr eng. In Kobarid muß man kurz hinter dem Ortseingangsschild (an der Kreuzung wird auch die Polizeistation angekündigt) die Straße scharf links hinunter in Richtung Kamp Koren fahren. Nach der Brücke über die Soca (nach 90°-Rechtskurve) geht es links den Berg hoch. An dieser Kreuzung stehen Unmengen von Schildern, die man auf die Schnelle gar nicht lesen kann - zumindest nicht, wenn ein anderes Auto hinter einem fährt.
    Ich bin kurz nach dieser Kreuzung links eine Straße zu Kamp Koren hinuntergefahren, habe mir den Weg erklären lassen. Danach bin ich wieder zur Straße hinaufgefahren und das Auto auf den kleinen Parkplatz gegenüber der Ausfahrt auf der rechten Straßenseite abgestellt.
    Der Weg beginnt noch etwa 50 m in Fahrtrichtung weiter auf der linken Straßenseite kurz vor einer Rechtskurve. Dort befindet sich auch ein Schild, das auf den Wasserfall und ein Kriegsdenkmal hinweist.
    Zuerst führt der Schotterweg über ein Stück freie Wiese mit einer alten Scheune aus Wellblech, dann über einen halbschattigen Weg mitten durch den Wald hindurch und an der Soca entlang. Der Schotterweg selbst ist sehr breit und offensichtlich gut benutzt. Es gehen oft kleine Pfade ab, die man jedoch nicht beachten muß. Auf dem Weg befinden sich relativ viele Kriegsdenkmäler, eine große Hängebrücke über den Fluß und zwei dunkle Höhlen, für deren Erkundung man jedoch eine Taschenlampe benötigt. Habe es sehr bedauert, keine dabei gehabt zu haben.
    Im Camp sagte man mir, ich bräuchte 30 Minuten. Auf der Straße habe ich noch eine einheimische Frau getroffen und mich mit ihr auf unterhalten (sie in Slowenisch, ich in Russisch). Sie sagte, ich bräuchte nur 20 Minuten. Hmmmm .... ich habe beide Male - sowohl hinzu als auch rückzu - nur 15 Minuten gebraucht, obwohl ich ein sehr gemütliches Tempo anschlug.
    Nach 10 Minuten gelangt man zu einer Brücke mit einem steilen Wasserfall. Da offensichtlich viele meinen, dies sei Slap Kozjak, gibt es einen Wegweiser zu diesem, auf dem auch steht: 5 Minuten.
    Wenn man den nun folgenden Weg zum Wasserfall wie ich allein läuft, scheint die Atmosphäre wie in einem Märchen zu sein. Das Plätschern des glasklaren Baches, auf dessen Grund man jeden auch noch so kleinen Kiesel erkennen kann, das leise Rauschen der Bäume, der Wechsel zwischen schillerndem Sonnenlicht und dunklen Schatten und das satte Grün der Blätter und Moose lullen einen ein und man glaubt, in einer verwunschenen Gegend zu sein. Man erwartet eine Elfe, ein Zwerg oder irgendeine andere Märchenfigur aus dem Wald kommen zu sehen. Die Überraschung würde sich jedenfalls in Grenzen halten.
    Dieser landschaftlich sehr schöne Waldpfad führt teilweise über geländefreie kleine Brücken am und über das Wasser entlang bis man dann endlich auf Holzplanken und stahlseilgesichert um die Ecke kommt und den 15-Meter hohen Wasserfall sieht, dessen Tosen man schon vorher deutlich vernimmt. Man steht in einer Art Gewölbe, das aussieht, als wäre es eine unterirdische Höhle gewesen, die nun einen Deckenriß bekommen hat. Das Wasser ist auch hier unglaublich klar.
    Ich bin wieder zur Brücke (1895 erbaut) zurück und habe dort die Füße im Wasser baumeln lassen. Auf dem Rückweg ging ich auf die Hängebrücke. Dieser Steg ist erst 1998 vom Museum Kobarid und vom Verkehrsverein Kobarid neu erbaut worden - und zwar an derselben Stelle, an der sich die Brücke auch schon vor dem Ersten Weltkrieg befand.
    Mir folgten drei Slowenen (Renato, ...) auf die Brücke. Auf meine Frage nach ihrem Ziel wies ich sie dann in die richtige Richtung zum Wasserfall. Dann beobachtete ich zwei Paddler, die sich unter mir näherten.

    Auf dem Weg zurück traf ich auf der Wiese noch ein paar Paraglider, die kürzlich gelandet waren.
    Am Auto zurück fuhr ich wieder heim. Nach dem Auftanken ging es weiter nach Cezsoca zum Prijon-Shop. Die gebrauchten Paddeljacken für 20,- DM sind nicht besonders gut und ich sah von einem Kauf ab. Ich unterhielt mich aber lange mit der einheimischen Verkäuferin über Politik und Sprachen.
    Gegen 17:30 Uhr kam ich wieder im Camp an. Insgesamt bin ich 51 km gefahren. Bis Kobarid sind es ziemlich genau 30 min (ca. 23 km).
    Als ich zurückkam, war das Holz schon zersägt und ordentlich aufgestapelt. Julia und Nicole kamen ca. 15 Minuten nach mir an. Sie sind doch nicht paddeln gewesen. Ioanna hat gelernt.
    Habe später kurz gegessen und mich dann in meine Hängematte gelegt.
    Holger D, Marco und Martin sind auf unserem "Hausberg", dem Svinjak (1653 m) gewesen. Sie haben für Auf- und Abstieg fünf Stunden gebraucht, meinte aber, sie seien "recht zügig gelaufen".
    Wir haben Bohneneintopf von den Eigentümern des Platzes bekommen, Gemüseeintopf gemacht und dazu Brot gegessen. Julia hat darauf bestanden, die von Toni bekommene Riesenzucchini (Eigenzüchtung) in Scheiben zu braten (paniert mit Körnermehl). War sehr lecker. Leider fiel das Essen zeitlich mit dem an der Rezeption stattfindenden Diavortrag "Paddeln in Europa" um neun Uhr zusammen. Gehalten wurde dieser von einem Slowenen.
    Wir haben ein Lagerfeuer angezündet, Holger und ich haben abgewaschen und ich bin gegen ein Uhr morgens ins Bett.

    Freitag, 04.08.2000

    Nach dem Frühstück fing der Himmel an, uns auch von oben mit Wasser zu beglücken. Aufgrund des nun einsetzenden Dauerregens und des daraus resultierenden Stimmungstiefs und der Lustlosigkeit machten wir Trockenübungen mit dem Wurfsack vor dem Küchenzelt. Wir übten Zielwerfen und verschiedene Techniken (Bogenwurf, Stoßwurf). Desweiteren veranstalteten wir Wurfübungen auf stehende und bewegte Ziele. Unser bewegtes Ziel war ein Hurricane, den wir von oben heruntergeholt hatten. An seinem Bug wurde ein Wurfseil gebunden, womit das gesamte Boot über das nasse Gras gezogen wurde. Die Übungen hoben die Laune ein wenig.
    Danach luden wir auf und fuhren zur Einsatzstelle.
    Teilstrecke Zmukljica bis Sotocje (Dritte Klamm),
    Rettungstag an der Prallwand
    Länge 2,5 km
    Schwierigkeitsstufe II/III

    Etwa 200-300 Meter von der Einsatzstelle entfernt befindet sich die Prallwand (Springfelsen mit Hängebrücke vom 2. Tag). Dort haben wir Rettungsübungen gemacht. Erst sind wir in einer Linie über den Strom gegangen, um die Strömungswucht richtig zu spüren und sind dann schwimmend über den Strom traversiert. Danach sprangen wir vor der Wand ins Wasser und ließen uns vom Strom ein Stück hinuntertreiben. Wir übten mit der Wurfleine. Einer mußte ins Wasser springen und sich retten lassen. Der zu Rettende muß dabei auf dem Rücken schwimmen und das Wurfseil über der Schulter haben, da er sonst das gesamte Wasser ins Gesicht bekommt. Diese Übung half mir bei späteren Rettungsaktionen, vor allem am Friedhofseingangsschwall am 10.08.2000 sehr.
    Danach wurde die Sicherung mit einem Springer praktiziert. Ein "bewußloser" Schwimmer ließ sich den Schwall hinuntertreiben und wurde von einem anderen, an dessen Rettungsweste das Wurfseil mit einem Karabiner befestigt worden war, gerettet. Wichtig ist dabei das Halten der bewußtlosen Person (von hinten und Arme über Kreuz). Ich "rettete" Didi. Sie ist eine hervorragende Bewußtlose, die die Arme sehr schön in die richtige Position gebracht hat und somit trotz ihrer 1,84 m leicht durchs Wasser zu ziehen war. Ich wurde von Nicole auf ihrem Invader zur anderen Seite "übergesetzt". Dabei legt man sich ruhig und ohne zu kippeln auf das Heck des Kajaks und hält sich etwa in der Mitte oder kurz oberhalb bei der Einkerbung für die Spritzdecke fest. Ein tolles Gefühl, aber etwas wacklig.
    Da sich gleich an dieser Stelle unsere Picknickstelle befand, rasteten wir nach den Übungen und machten uns dann gruppenweise auf die Weiterfahrt. Allen war sehr kalt.
    Ich hatte die Strecke im Invader ohne Schwimmen zu gehen am 2. Tag überstanden, fiel heute jedoch mit dem Hurricane zweimal ins Wasser. Einmal bei einem kleinen Schwall und dann nochmal bei einem Schwall nach 2-3 km kurz vor dem Aussetzen nahe des Campingplatzes. Beide Male war falsches Kanten dafür verantwortlich.
    Abends wollten wir uns aufwärmen und in die Sauna im Hotel Kanin fahren. Leider ist die Sauna nur bis 20 Uhr geöffnet und wir waren erst eine Stunde vorher da. Wir reservierten ab halb sieben für den folgenden Abend und gingen ins Cafe auf einen Drink.

    Samstag, 05.08.2000

    Teilstrecke Boka bis Srpenica 2 (Tongrube)
    Pegel 68
    Länge 5 km
    Schwierigkeitsstufe I/II/III

    Habe wieder im Invader gepaddelt und bin heute 3-4 mal schwimmen gegangen. Mist, ich glaube, ich kann nur im Hurricane richtig paddeln.
    Außerdem war zuviel Wasser. Sowohl das Mauseloch als auch die Mausefalle waren überspült. Aufgrund des vielen Wassers konnten Nicole und Julia auch nicht kerzen. Der Ausstieg erwies sich als ziemlich lang, obwohl der Weg relativ breit und gut angelegt ist.
    Während einige von uns noch in die Sauna in ein Hotel gingen, haben die anderen im Küchenzelt noch gequatscht.
    Habe Toni noch getroffen und nach der einheimischen Architektur gefragt. Er erklärte mir den Grund für die Treppen vor der Wohnungstür: Früher gab es sehr viel Schnee im Tal (wieso jetzt nicht mehr?). Teilweise waren es zwei Meter. Da das Tal von Bergen umsäumt wird und im Winter nicht sehr viel Sonne hinkommt, blieb der Schnee die ganzen Monate über liegen. Daher wurden die Wohnungstüren über diese Schneegrenze hinaus gebaut und sind seitdem nur über Treppen erreichbar. Dieser Baustil hat sich durchgesetzt, nicht nur in dieser Region, sondern auch noch über die Grenzen hinaus.
    Wir sind dann wieder losgefahren und haben uns alle wie abgemacht halb neun in der Gaststätte wiedergetroffen. Es war das gleiche Restaurant wie am ersten Abend. Ich bestellte mir mit Käse gefüllten Tintenfisch - gegrillt, dazu Salat und ein slowenisches Bier (0,3 l). Ich finde, das einheimische Bier schmeckt außerordentlich gut - trotz meiner nur sehr geringen Liebe für dieses Getränk allgemein.
    Wir haben noch von Haus aus Drinks bekommen. Jeder konnte sich aussuchen, was er wollte. Die meisten nahmen einen einheimischen Schnaps, der verdächtig nach Petersilie roch und schmeckte.
    Bei der Bewunderung unserer Paßbilder in den Ausweisen, wurde festgestellt, daß Holger K. am heutigen Tag seinen 26. Geburtstag erlebt! Somit blieben uns noch 1,5 Stunden zu feiern, was Holger eigentlich nicht wollte. Da der Sekt nur warm serviert werden konnte, gab es eine Runde Birnenschnaps. Das Ganze wurde dann doch etwas später als eigentlich geplant.

    Sonntag, 06.08.2000

    Bin seit fünf Uhr früh wieder wach. Inwischen ist mir dieses frühmorgendliche Aus-dem-Schlafsack-Klettern gleichgültiger geworden und ich stehe mit weniger Widerwillen und mehr Resignation auf. Offiziell wurden wir allerdings um acht geweckt. Diesmal gab es zum Frühstück Rührei. Wir luden auf und fuhren los. Die Sonne schien!

    Teilstrecke Srpenica 2 bis Trnovo 1 (Friedhof)
    Pegel 108 (+ 40 cm gegenüber dem Vortag!)
    Länge 3 km
    Schwierigkeitsstufe III/IV

    Ioanna ist im Camp geblieben, da sie lernen wollte. Wir haben die Kajaks den langen Weg zur Ausstiegsstelle von gestern hinuntergetragen. Zur Erwärmung hatte Julia diesmal einen Alternativvorschlag - die Fünf Tibeter.
    Die Strecke heißt übrigens so, weil sich oben tatsächlich ein Friedhof befindet.
    Zum Einpaddeln sind wir in Richtung Mausefalle stromaufwärts gepaddelt und haben dort traversiert (bis gegen Mittag). Danach stiegen wir am linken Ufer aus und haben uns lange und gründlich den Friedhofseingangsschwall angesehen und eine Route überlegt. Wir stellten zwei Sicherungen auf. Nicole ist vorgefahren und ich als erste hinterher. Von oben sieht alles ganz anders aus und habe Stein fast nicht wiedererkannt. Bin dann auch promt zu weit links gefahren und mit der Bootsspitze in eine Walze gekommen. Da ich leider falsch gekantet habe, bin ich schwimmen gegangen. Das Schlimmste kam aber noch. Ich hielt krampfhaft Boot und Paddel fest und ließ mich mit den Füßen voran den Strom hinuntertreiben. Der Schwall ist ziemlich verwalzt und es gibt viele große Wellen. Mein Kopf geriet ständig unter Wasser. Der Gedanke an die Sicherungen kam mir, verschwand jedoch bald wieder in meinem Bemühen, Luft zu bekommen. Gerade als ich mich wieder zur Wasseroberfläche emporgekämpft hatte und tief einatmen wollte, spürte ich, wie meine Beine ruckartig nach unten gezogen und ich dadurch senkrecht nach unten gerissen wurde - die große Walze. Jetzt ließ ich das Boot los und versuchte mit aller Kraft, irgendwie aus dieser Walze herauszukommen. Einen Augenblick lang hatte ich das Gefühl, Wasser zu atmen, bevor ich dann endlich mit dem Kopf durch die Oberfläche stieß und krampfhaft meine Lungen mit Luft füllte. Gerade noch rechtzeitig - wieder wurde ich unter Wasser gezogen. Irgendwann sah ich dann Nicole neben mir auftauchen und versuchte, mich an ihrem Boot festzuhalten. Da ich jedoch keine Kraft und auch keine Luft mehr hatte, ließ ich den Griff zweimal los, bevor es uns beiden endlich gelang, mich ins Kehrwasser viel weiter unten zu bringen, wo ich dann japsend auf einem Stein hing. Wie durch ein Wunder hatte ich das Paddel noch immer in der Hand. Ich glaube, ich habe mich daran festgehalten, um wenigstens etwas in der Hand zu haben.
    Später wurde mir mitgeteilt, daß Didi wohl sehr schön das Wurfseil geworfen hatte - nur etwa 10 oder 20 cm von mir entfernt. Habe nichts derartiges mitbekommen, da ich ständig in Walzen gekommen bin und um Luft kämpfen mußte.
    Nicole vergewisserte sich, daß ich sicher am Ufer war und es mir gutging, bevor sie sich auf die Suche nach meinem Hurricane machte. Ich wartete ziemlich lange und sah sie dann am rechten Ufer zu Fuß zurückkommen. Sie hatte mein Kajak nicht wiedergefunden und ging nun zu Julia zurück. In der Zwischenzeit bat ich einige Paddler, die vorbeikamen, nach meinem Boot Ausschau zu halten und es evtl. ans Ufer zu bringen.
    Nach einer kurzen Besprechung mit den anderen kam Nicole wieder am Ufer zu mir zurück und erklärte mir den Plan. Ich bekam die Polo-Schlüssel von ihr und würde mit Didi, die auch aussetzen würde, zu unserer Ausstiegsstelle Trnovo 1 fahren. Sie selbst würde sich jetzt stromabwärts mit ihrem Kajak auf die Suche nach meinem Boot machen, während die anderen mit Julia fahren würden.
    Ich stolperte am Ufer zurück. Erst jetzt merkte ich, wie weit ich eigentlich geschwommen war; bestimmt mehr als einen halben Kilometer. Nicole erklärte mir später, bis fast zum Nasenstüber, der auf der Hälfte der Strecke steht.
    An der Einstiegsstelle zurück ging ich hoch und wir ließen Didis Corsica oben zurück, packten die Paddel ins Auto und fuhren nach Trnovo, wo uns Nicole schon erwartete. Sie hatte den Hurricane gefunden. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Einer der Paddler, denen wir von der Misere berichtet hatten und die wir gebeten hatten, nach dem Kajak Ausschau zu halten, hatte das verkantete Boot gefunden, es ausgeleert und an das Ufer gelegt, wo Nicole es noch einmal sicherte. Ich war so froh, das der Hurricane wieder aufgetaucht ist ...
    Nach einer kurzen Stärkung ist Nicole zu Fuß am Ufer hochgelaufen, um das Boot herunterzufahren. Sie hat bis zum Boot zwei Stunden gebraucht und als sie ankam, war es nicht mehr da! Eine Raft hat es mitgenommen und hinten angebunden. Nicole hat ihr Rufen mißgedeutet und nicht richtig hingesehen. Die Raft hatte das Boot dann Julias Gruppe übergeben. Nicole ging wieder zurück und übernahm es dort. Sie war ziemlich sauer - man nimmt nicht einfach ein Boot vom Ufer weg!
    Gegen 17:00 Uhr kam sie wieder in Trnovo 1 an.
    Inzwischen haben Didi und ich unsere Sachen ausgespült und in den Bus gepackt. Ich lief die Slalomstrecke auf dem Pfad unter der Hängebrücke rechts ein wenig entlang. Die Ausstiegsstelle befindet sich am Ende des Pfades, der links vor der Brücke hinuntergeht.
    Ich genehmigte mir einen heißen Kakao an dem Imbißstand und setzte mich, während Didi rauchte. Auf einmal fing ein Platzregen an und wir flüchteten unter das Dach. Im Nu stand der Volleyballplatz dort unter Wasser. Der Regen war so stark, daß wir beide uns in den Eingang des Männerklos verdrückten, wo wir als Türsteher fungierten. Ich las ein wenig in Julias Paddelbuch, was sie mir glücklicherweise an diesem Morgen erlaubt hatte. Desweiteren las ich noch das erste Kapitel in "Guten Morgen, du Schöne" von Maxie Wunder. Ein sehr interessantes Buch.
    Nach dem Regen beobachteten wir von der Hängebrücke aus ein paar erfahrene Daggerfahrer. Sie fuhren die Slalomstrecke hinunter und waren offensichtlich nur noch am Vorwärtskommen interessiert. Sie spielten überhaupt nicht und rauschten nur ernst durch die Strecke hindurch.
    Auf der Suche nach dem Hängerschlüssel, lief ich zu Didi hinunter, die an der Ausstiegsstelle auf die anderen warten wollte. Als ich um die Ecke kam, sah ich einen Mann, der seine Hose schnell schloß. Ich wunderte mich kurz, warum er sich mitten auf dem Weg erleichterte und nicht in den Wald gegangen war, als mich Didis empörter Ruf erreichte: "Er hat sich gerade einen 'runtergeholt!" Sie rauschte mit finsterer Miene an mir vorbei und lief dem Mann in drei Metern Abstand hinterher. Sie verfolgte ihn drohend überall und ich folgte ihr in 10 Metern Abstand. Damit verunsicherte sie den älteren Mann derartig, daß er in sein Auto stieg und abfuhr (weiß mit Kennzeichen GO-S3-565). Offensichtlich ist er wohl öfters da, weil er von einigen Leuten (Raftern) gegrüßt wurde.
    Wir warteten bis etwa 18:10 Uhr, bevor Didi und ich im Auto zurückfuhren. Vorher suchte ich bestimmt noch 10-15 Minuten verzweifelt meinen Badeanzug, der sich abends dann jedoch in einem meiner Neoprenschuhe wiederfand. Ich hatte ihn gedankenlos beim Umziehen dort hineingestopft und dann vergessen.
    Wir sahen noch nach dem Pegelstand bei Slap Boka. Erstaunlicherweise ist dieser trotz des Platzregens vom Morgen bis jetzt um 10 cm auf 98 gesunken. Merkwürdig!
    Bei der Rückkehr ins Camp hat Didi Ioanna alles erzählt, während ich den Eierkuchenteig anrührte.
    Die andere Gruppe legte erst 1830 Uhr an. Ein Glück, daß keiner der Kontrolleure da waren. Die Strafe soll sehr heftig sein. Sie kamen gegen acht Uhr abends im Camp an und hatten unterwegs noch Didis Corsica aufgeladen.
    Wir hatten unseren Nachbarn einen großen Topf von uns geliehen, den wir nun mit österreichischer Suppe (Wiener, Kartoffeln, Möhren, ...) zurückbekamen und aufaßen.
    Dann hat Holger K. mit seiner "einmaligen", wohl oft praktizierten Technik Eierkuchen gemacht und Julia beigebracht, wie man sie in der Luft wendet. Julia hat dann Käseeierkuchen fabriziert. Hat ziemlich gut geschmeckt. Die Nachbarn kamen herüber und haben uns einen Eierkuchen abgeluchst - sie meinten: "Es riecht so gut." Wir fühlten uns geehrt.
    Bin gegen Mitternacht ins Bett, da wir noch im Küchenzelt gequatscht haben.

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